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Mittwoch, 23. März 2011

Architekturgeschichte 4.3

Fortsetzung Le Corbusier

Ergänzungen / Wiederholung der letzten Vorlesung:

Orientalische Eindrücke aus Süd-Ost-Europareisen zu Anfang des 20sten Jahrhunderts führen zur Lösung des Jugendstilklischees, hin zum späteren Vokabular der Moderne.

Das Motiv des doppelgeschossigen Wohnraums mit Galerie wird zu einem seiner zentralen Motive.

Citrohan-Typus entsteht analog zur Automobilmarke Citroen und soll als Schlagwort die Möglichkeit des seriellen Charakters von Häusern verdeutlichen.

"Ville de 3 millions habitants" / Stadt für 3 Millionen Einwohner:
Für das pariser Flachland konzipiert, stellte dieser Entwurf für Jeanneret die Idealstadt dar. Das Gelände ist in ein orthogonales Straßensystem unterteilt , das von Diagonalen durchzogen wird, die sich im Zentrum treffen (Bezug auf klassische römische Stadtstrukturen). Die zum Kern aufsteigende Bebauung äußert sich drastisch durch die kreuzgerippten Hochhäuser im Zentrum der Stadt, wo sich auch ein unterirdischer Zentralbahnhof befindet. Auf Dachflächen sind Landezonen für Flugzeuge vorgesehen. Die Stadt für 3 Millionen Einwohner soll trotz einer anzunehmenden hohen Verkehrsdichte nichtsdestotrotz der Natur ihren Freiraum lassen: Straßen und Hochhäuser werden aufgeständert, um das Grün unter ihnen durchlaufen zu lassen. Grundlegend ist das Konzept der Funktionstrennung. die Devise lautet: Zentral arbeiten, Wohnen in der Peripherie. Persönlich hegte Jeanneret eine tiefe Abneigung gegen das bestehende Paris, das er gemeinhin als dreckig und abzuschaffen verstand.

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1923 Malerische Kollaboration mit Ozenfant
Kreation des Purismus als Kunststil.
Baut Haus für Ozenfant: L-Förmig von Brandwand umgebenes Gebäude, Scheddach, Oberlicht, weiße Putzfassade, Mischung aus Beton und Mauerwerk, Industrie-Stahlfenster Einfachverglasung, Skulpturale Elemente wie Treppe oder Vordächer treten hervor. Insgesamt verschachtelt, spielerisch.
https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhluOoB4IxM1cTxpxaKjf7yb1ghXieFDz8r5Xv_pmAbfgiLVvEvyco6n_4bh03Ti7VMHPcezIgDIAaO8YT4-0K1wgGzFf7BruSDvvjcwOQq7FTRDC7YvOLjHVbPXS6ojhoe5WJVMB0I3Vs/s1600/Atelier+Ozenfant_LeCorb.jpg

1925 Gestapeltes Wohnen
Sein finanzielles Auskommern erwirtschaftet er sich zu dieser Zeit mit dem Bau von Einfamilienhäusern.
Inspiriert von seinem Pavillon auf der Art-Deco-Ausstellung, festigt sich die Idee von Wohneinheiten mit innenliegendes Loggias. In publizierten aber nicht gebauten Entwürfen stapelt er einzelne Module zu Mehrfamilienhäusern.

Der Gedanke Gebäude als freie Kompositionen mit bildhauerischen Qualitäten zu gestalten, festigt sich. Immer häufiger taucht das Spiel zwischen Symmetrie und Asymmetrie (=freie Komposition) auf. Ein Gegensatz zum Zeitgenossen wie Mies van der Rohe wird deutlich: Funktionen (vgl. Betonmöblierung) werden unveränderbar festgelegt und nicht wie bei LMvdR einer sich an Lebensumstände anpassbaren Flexibilität unterworfen.

1926 Villa la Roche
Heutzutage von der Fondation le Corbusier genutzt.
Das Prinzip der Régulateurs / Regulatoren als grafisches Kontrollinstrument für Proportionsverhältnisse taucht auf.
https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgU5Y7rfRDKADh1YHlHV7FeL7QnhBz9KD-_jEe_vE02QcJSZMyK6ICJGLpk5gRUWPfVMgAtfPYxs9uilHFMh5xchkZ9nnPZijVCHIKaJnKFeclGsgJfXXeeg0nMv1pOZDGO35X_W0f_VBA/s1600/3-RHF-24.gif

1927 Villa Stein, Garches
Rückwärtig platziert, mehrgeschossig. Beziehung zwischen Architektur und Automobildesign wird deutlich. Haupteingang durch Vordach erkennbar (nebenan Eingang für Einliegerwohnung). Lichtbänder weisen auf nicht-tragende Fassade hin.

http://www.thearchitectpainter.com/MadisonGray/deep_SIGHT/reviews/MoveMeaning1/GARCHES.htm

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Idee der Verknüpfung zw. Baukörper und Körperbau
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1926 Beitrag Weißenhofsiedlung Stuttgart
Grundstück in Süd-West-Ecke, 2 Gebäude nach Citrohan-Typ. Ein EFH sowie ein Doppelhaus.

Fünf Punkte zu einer neuen Architektur
„Die nachfolgend dargestellten theoretischen Betrachtungen gründen sich auf langjährige praktische Erfahrung auf dem Bauplatze. Theorie verlangt knappe Formulierung. Es handelt sich hier keineswegs um ästhetische Phantasien oder Trachten nach modischen Effekten, sondern um architektonische Tatsachen, welche ein absolut neues Bauen bedeuten, vom Wohnhaus bis zum Palasthaus. Die dargestellten fünf grundlegenden Punkte bedeuten eine fundamental neue Ästhetik. Es bleibt uns nichts mehr von der Architektur früherer Epochen, sowenig wie uns der literarisch-historische Unterricht an den Schulen noch etwas geben kann.“ Quelle: Le Corbusier, Pierre Jeanneret: Zwei Wohnhäuser von Le Corbusier und Pierre Jeanneret. S. 6–7 
  1. Stützen / Pilotis (frz. Pfahlwerk)
  2. Dachgarten
  3. Freie Grundrissgestaltung
  4. Langfenster / Lichtbänder
  5. Freie Fassadengestaltung
http://www.reocities.com/rr17bb/LeCorbusier5.html

1929/30 Villa Savoye
Die zuvor angesprochenen fünf Punkte zu einer neuen Architektur vereinen sich nebst dem Citrohan-Bau der Weißenhofsiedlung von '26 in der '29/30 errichteten Villa Savoye. Stützen demonstrieren Abhebung und inhärente Funktion. Fensterband, Dachgarten. Das abgerundete und von Glas umgebene, zurückgesetze Erdgeschoss hebt sich optisch deutlich vom Tragwerk ab. Es fasst neben einer Chauffeurswohnung und Diensträumen eine Garage für drei Autos. Die Erschließung der eigentlichen Wohnfunktionen im Obergeschoss verläuft über eine Rampe, sowie eine Treppe. Auffallend sind wieder skulptural wirkende Wendeltreppen und feste Möblierungselemente (z.B. Tisch um Stütze). Hierdurch wird das Thema der Raumskulptur deutlich, bei der Noblesse durch Kargheit erzeugt werden soll. Im Dachgeschoss verschmelzen Innen und Außen, lediglich durch Glas klimatisch voneinander getrennt. Statt einem abschließenden Langfenster, taucht hier ein breiter und offener Lichtschlitz auf. Tische und Blumenbeet tauchen in betonierter und somit per sé unveränderbarer Form auf (wieder Hinweis auf Raumskulptur). Das auf dem Außengelände platzierte Pförtnerhaus erscheint wie eine Miniaturversion der Villa.

Grundrissebenen:
http://content.answcdn.com/main/content/img/oxford/Oxford_Architecture/0198606788.corbusier-Le.2.jpg

Ende der 20er, Anfang der 30er nehmen seine Projekte eine größere Gestalt an. Bezüge zu Schiffsarchitektur nehmen zu:

Studentenwohnheim Pavillon Suisse
Kleine Appartments, Untergeschoss hat sekundäre Funktion, Wohnen findet im OG statt, Dachgarten trägt Funktionen der Freizeit.

1932/33 Cité de Refuges / Obdachlosenasyl der Heilsarmee
Eingangspavillon und Besprechungsraum von Hauptkörper entkoppelt. Dieser erscheint hinter diesen beiden Gebilden wie eine große Wand. In der Grundrissplanung werden Bezüge zur Schiffsarchitektur deutlich, es entstehen Decks- und Kabinenassoziationen.

1933 Immeuble a la porte molitor
Konzeption und Bau des eigenen Hauses. Vorne und hinten gleiche Fassade. Paradigmatisch für spätere Wohn- und Geschäftshäuser. 9 Etagen, die mit Ausnahmen jeweils von Außen deutlich sichtbare Eigenarten aufweisen. Glasbausteine als Brüstungselemente > Transparenz, Skulpturaler Grundriss.

Algier, Entwurf "Wohnschlange", Etagen u.A. als doppegeschossige Individualvillen konzipiert, möchte unterschiedliche Ausbaustufen ermöglichen.

Entwurf in Sao Paulo, sich begegnende im Kreuz aufeinandertreffende Wohnschlangen
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Der Mensch ist für Corbusier ein Naturwesen, das mit der Natur leben will. Architektur soll die Symbiose mit der Natur unterstützen.

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